Ich bin vielleicht behindert, aber deshalb noch lange nicht unmündig!

Surft man heute als Mensch mit Behinderung in den sozialen Netzwerken, dann besteht der Grundtenor meist aus Heulen und Wehklagen. „Die Regierung verarscht uns“ oder: „Aus der Inklusion wird nie was“. Gerne profilieren sich einige mit der Falschmeldung: „Ich darf nur 2600 Euro haben, weil ich behindert bin“.
Während die meisten dieser Posts aus dem Wiederkäuen populistischer Inhaltslosigkeiten bestehen, lässt sich damit wenigstens etwas anfangen. Diese 2600 Euro-Grenze gibt es nämlich wirklich – für Menschen, die beispielsweise auf Grundsicherung angewiesen sind. Unsere Gemeinschaft lässt nämlich niemanden verhungern. Wer bedürftig ist, bekommt Hilfe aus dem Sozialtopf. Bedürftig heißt dabei, dass man sich nicht mehr aus eigener Kraft helfen kann. Ein Indiz für Bedürftigkeit ist, weniger als 2600 Euro angespart zu haben.
Ich kenne Behinderte, die gutes Geld verdienen. Ich kenne nicht Behinderte, die Hartz IV beziehen.

Manche Menschen, die Assistenz benötigen, müssen diese aus dem Sozialtopf finanzieren. Da schließt sich der Kreis. Um nämlich etwas aus dem Sozialtopf zu erhalten, muss man bedürftig sein.
Das soll im Rahmen des neuen Teilhabegesetzes anders geregelt werden – eine der Forderungen der Behindertenverbände. Diesmal hat die Regierung nämlich die von dem neuen Gesetz Betroffenen aufgefordert, ihre Ideen dazu einzubringen.
Und so manche sind der Aufforderung gefolgt.
Das sind die, die die Bedeutung des Wortes Demokratie verstanden haben. Demokratie, die Herrschaft des Volkes. Und weil wir nicht alle durcheinander regieren können, wählt das Volk, also wir, regelmäßig eine Regierung. Das sind Menschen, denen wir zutrauen, unsere Angelegenheiten möglichst in unserem Sinne zu regeln. Wem die meisten Menschen das zutrauen, die bilden dann eine Regierung.
Fragt man aber die, die am lautesten Schreien: „Und was tust du?“, dann erhält man die tollsten Antworten.
„Nichts, mir hört ja keiner zu“, oder: „Was soll ich Einzelner denn schon tun?“

Da gibt es schon mal eins: Wählen! Keine ungültigen Zettel abgeben oder erst gar nicht hingehen. Und da ist es auch gleichgültig, ob das Kreuzchen die Linken bekommen, Sozial- oder Christdemokraten, Liberale oder Christlich-Soziale. Jede nicht abgegebene oder ungültige Stimme ist eine für die extremen Gruppierungen, egal, ob Links- oder Rechtsaußen. Die mobilisieren nämlich ihre Klientel.
Aber das ist erst der erste Schritt. Um selbst etwas für sich bewegen, zu können, gibt es Gemeinde- oder Stadtteilparlamente. Da findet die Demokratie noch an der Basis statt! Viele Sitzungen dieser kleinsten demokratischen Elemente sind öffentlich. Da können ganz normale Bürger hingehen. Und als ganz normale Bürger können wir dort mit den von uns gewählten Abgeordneten reden, ihnen unsere Ideen vermitteln. Oder vielleicht sogar selbst mitreden, bei der nächsten Wahl selbst kandidieren. Für den Gemeinderat, den Kreis-, oder Landtag. Es muss nicht immer gleich der Bundestag sein.

Allerdings muss ich dazu meine Meinung selbst vertreten und auch mal gegen eine andere Meinung abwägen oder verteidigen.
Oder ich töne in den sozialen Netzwerken gegen anders Denkende, anders Aussehende, anders sprechende. Vielleicht sogar gegen die, die andere gewählt haben. Warum denn auch wählen? Die machen doch eh, was sie wollen. Die? Wer sind denn die? Und wer ist das Volk?
Was das mit Behinderungen zu tun hat? Nichts. Behinderte sind nämlich auch das Volk. Oder die Regierung.
Solange sie sich nicht selbst für unmündig erklären, indem sie einfach nichts tun.
Schon mal darüber nachgedacht?

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Warum ich stolz darauf bin, ein Deutscher zu sein

Warum ich stolz darauf bin, ein Deutscher zu sein?

Mit so einer Aussage wird man ganz schnell in die rechte Ecke gestellt. Warum eigentlich?

Ich bin stolz darauf, in einem Land zu leben, in dem es in 70 Jahren gelungen ist, aus dem dunkelsten Faschismus eine Gesellschaft aufzubauen, die auch anders aussehende, anders sprechende, anders denkende Menschen als das sieht, was sie sind: Menschen. Menschen, die das Recht haben, zu leben, zu lieben und ihr Leben nach ihren Vorstellungen zu gestalten.

Wir leben in einem Land, das nach einem selbst verursachten Krieg am Boden lag, das ausgeblutet war. Trotzdem haben unsere Eltern es geschafft, dieses Land wirtschaftlich wieder aufzubauen und auch die Umwelt wieder herzustellen. Es ist ein Land, das lebenswert ist.

Das mag von der Politik initiiert sein, aber gemacht haben das die Menschen, die in diesem Land leben, die Deutschen. Die Deutschen, die hier geboren wurden und auch die Deutschen, die sich dafür entschieden, hier zu leben und an der Gemeinschaft teilzuhaben. All diese Menschen, die Deutschland zu einem Land gemacht haben, das Toleranz, Hilfsbereitschaft und die Freiheit der Meinung lebt, sind Deutsche, unabhängig davon, wo sie geboren wurden.

Wir haben uns eine Gesellschaft geschaffen, die stark genug ist, allen anders denkenden ihre Meinung zu lassen. Eine Minderheit möchte die dunklen Zeiten wieder haben, möchte die Herrenrasse wieder beleben.
Ich bin sicher, die große Mehrheit von uns weiß, was sie von dieser Meinung zu halten hat.
Sie ist inzwischen stark und selbstbewusst genug, um auch Extremen angstfrei zuhören zu können. Dabei ist es gleichgültig ob es religiöse, rassistische oder sonstige Eiferer sind. Unsere Demokratie ist stark genug, das zu unbeschadet zu vertragen.

Und wenn spitze Zungen und Federn die Regierenden durch den Kakao ziehen und mit Worten und Bildern ihren Unmut kund tun, dann werden diese das ertragen, ohne die Autoren dafür zu bestrafen. Das ist der Preis, den wir für die Freiheit bezahlen. Denn Freiheit ist auch immer die Freiheit der anders denkenden, sagte mal ein kluger Mensch.

Vor nicht einmal 80 Jahren herrschte in Deutschland die Dunkelheit. Heute kann jeder seine Meinung frei äußern, ohne Angst vor Bestrafung zu haben.
Ich bin stolz darauf, in einem Land zu leben, dass das erreicht hat. Ich bin stolz darauf, diese Freiheit mit allen zu teilen, die sie mit mir zu schätzen wissen.

Und ich bin stolz darauf, zu wissen, dass viele neben mir stehen werden, wenn es darum geht, diese Freiheit zu verteidigen – viele Deutsche der unterschiedlichsten Herkunft, Glauben oder Sprache.

Wir alle, unabhängig von Herkunft, Glauben, Hautfarbe oder Behinderung vereint der Wille, dieses Land, in dem wir alle leben, lebenswert zu erhalten. Und darauf können wir mit Fug und Recht stolz sein, wir Deutschen.

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Behinderung – Ein neues Selbstbewusstsein

Nach dem 2. Weltkrieg gehörten die so genannten „Kriegsversehrten“ zum allgemeinen Straßenbild. Als Kind versuchte ich in der Straßenbahn einem Beinamputierten klarzumachen, dass er auf seine Sachen schon besser aufpassen müsse. Er hatte mir auf die Frage, was denn mit seinem Bein passiert sei, geantwortet, das hätte er im Krieg verloren. Er fand meine Ermahnung zum Schreien komisch, meine Eltern hätten sich vor Verlegenheit am liebsten in ihren Sitzen verkrochen. Das waren meine ersten Kontakte mit dem Thema Behinderung und das sollten sie auch für eine lange Zeit bleiben. Menschen mit einer Behinderung verschwanden nach und nach aus der Öffentlichkeit.

Die damalige Aktion Sorgenkind, aus der später die Aktion Mensch wurde, hielt den Gedanken aufrecht, dass es auch Menschen gibt, die unsere Unterstützung benötigen. Alle paar Wochen eine Abendshow, die Spenden sammeln sollte, das war es aber dann auch schon.

In den 80ern des letzten Jahrhunderts sorgte ein Film über eine junge, gehörlose Frau für Furore: „Gottes vergessene Kinder“. Marlee Matlin, die für die Hauptrolle den Oscar bekam, ist auch im richtigen Leben gehörlos. Plötzlich sah man überall Menschen gesten, was aber schnell wieder das Besondere verlor.

Dann gab es plötzlich keine Behinderten mehr. Es gab Menschen mit Funktionseinschränkungen, Menschen mit Lernschwäche – eine Erfindung von nicht Behinderten, die glaubten, zu wissen, wie wir denken.

Bei den Paralympics in London machte eine lettische Sängerin auf sich aufmerksam. Viktoria Modesta trägt ihre Beinprothese wie ein modisches Accessoire. Inzwischen ist sie auch als Model gut gebucht. Ihr neues Video: Prototype sorgt gerade für Furore. Sie tut etwas, das auch der viel zu früh verstorbene Joe Cocker mit Erfolg praktiziert hat: Sie baut ihre Behinderung ganz selbstverständlich in ihre Arbeit ein – als Stärke und individuelles Kennzeichen.

David Lebuser, der die neue Sportart Wheelchair-Skating, WCMX in Deutschland etabliert hat, ist derzeit sogar Weltmeister. Den sympathischen Rollstuhlpiloten aus Frankfurt/Oder würde kein Mensch als behindert bezeichnen.

Genau wie Sven Brick. Auch er protagiert eine Sportart, Callisthenics. Eigentlich ist diese eine der ältesten sportlichen Betätigungen überhaupt. Allerdings so, wie sie heute gezeigt wird, ist sie sogar ziemlich sensationell. Hier wird nur menschliche Körper genutzt. Kein Sportstudio, keine teuren Übungsgeräte, ein Kinderspielplatz oder ein Wäschegestell sind schon fast Luxus. Gut, Sven hat noch ein extra Übungsgerät – seinen Rollstuhl.

All diese Menschen beweisen, dass das Wort behindert vielleicht noch von 15-jährigen Schulabbrechern als Schimpfwort benutzt wird. In der Realität sind immer mehr Behinderte so selbstbewusst, dass sie dieses Attribut ganz selbstverständlich nehmen. Es ist ein Teil von uns. Manche können besonders gut rechnen, haben eine schöne Stimme, fahren Rollstuhl, gesten oder sind Sportler. Jeder Mensch hat etwas Besonderes. Eine Behinderung, das ist kein Stigma, keine Strafe. Unsere Behinderung, das ist etwas, das zu uns gehört – so wie die Haarfarbe, das Aussehen oder auch die Fähigkeit, Schokolade direkt in Hüftgold umzuwandeln.

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Die „Islamisierung des Abendlandes“ – Gefahr oder Unsinn?

Manchmal habe ich das Gefühl, das das Rad der Zeit nicht nur zurück rollt, sondern sich auch gerne mal einen kleinen Hopser seitwärts gönnt.
Warum sonst sollten plötzlich Zehntausende gegen die Islamisierung des Abendlandes auf die Straße gehen?

Ich selbst bin als Christ aufgewachsen und bemühe mich, mein Leben nach christlichen Grundsätzen zu gestalten. Einer dieser Grundsätze ist, die Eigenarten meines Nächsten zu tolerieren, um es mal so salopp zu umschreiben.

Es ist in geschichtlichem Maßstab noch gar nicht lange her, da wurden Menschen hingerichtet, weil sie in der Öffentlichkeit eine Meinung äußerten, die von der Staatsdoktrin abwich. Ganz spontan fallen mir die Geschwister Scholl ein. Buchstäblich Millionen von Menschen mussten dafür sterben, weil sie einer anderen Religionsgemeinschaft angehören. Und wer nicht davon begeistert war, dessen Leben änderte sich abrupt zum Schlechten. Wenn er Glück hatte und es nicht direkt beendet wurde.

Heute noch leben Menschen, die diese Zeit nicht vergessen haben. Das, was von einigen aus der Generation unserer Großeltern vielen angetan wurde, bekommen wir noch zu spüren. Solange wir daraus nichts lernen, wird es auch so bleiben – und das ist richtig so.

Der Islam ist im Grunde genommen eine friedfertige und mildtätige Religion, die von einigen Verblendeten pervertiert wurde. Was Cortez und Komplizen im Namen des Kreuzes übrigens noch viel konsequenter in Lateinamerika durchgezogen haben.

Die Conquestadores oder die braun oder schwarz uniformierten Nazi-Schergen hatten mit dem christlichen Glauben genauso viel zu tun, wie Organisationen, wie die IS mit dem Islam. Nichts, aber auch gar nichts! Sie verstecken sich nur dahinter, damit niemand erkennt, dass es sich um Terror der niedrigsten Art handelt.

Ich selbst habe Freunde aus den verschiedensten Religionsgemeinschaften: Muslime, Juden,  Buddhisten, Zeugen Jehovas, Mormonen. Es sind auch welche darunter, die an gar nichts glauben – ebenfalls eine Art Religion. Mit allen verstehe ich mich und keiner versucht, den anderen zu missionieren. Klar, dass jeder seine Religion für die tollste hält – am eifrigsten dabei sind die Atheisten. Aber jeder von uns lässt dem anderen seinen Freiraum und erwartet dasselbe.

Unser Weihnachten heißt Weihnachten, genauso, wie das Hanukahfest meiner jüdischen Freunde seinen Namen beibehalten hat. Und wenn andere Freunde sich 5 mal am Tag in Richtung Mekka drehen und beten, dann entspricht das ihrer Überzeugung. Das ist weder ansteckend, noch kostet es mich einen Cent. Es gibt in unserem Land Kirchen, Moscheen, Synagogen, Tempel und Bethäuser anderer Glaubensrichtung. Das, liebe Freunde, das ist wirklich ein Grund, stolz darauf zu sein, in diesem unseren Land zu leben.

Was mir aber richtig Angst macht, das ist diese fast schon epidemisch um sich greifende Paranoia. Ja, es ist stimmt, dass religiös motivierte Gruppen weltweit Terror verbreiten. Dass aber dadurch ein einziger Mensch von seiner Überzeugung abweicht, das hat das letzte Mal bei Galileo funktioniert. Und der tat es nur formell.

Viele Deutsche haben aus der Vergangenheit gelernt. Wir haben gelernt, dass wir von anderen Kulturen unglaublich viel lernen können. Wir haben gelernt, dass gerade die Diversität, die Verschiedenheit uns vorwärts bringt. Und genau das Zulassen, das Annehmen dieser Verschiedenheit, das ist es, was uns eint. Das ist es, was uns stark macht gegenüber den Kräften, die geistig immer noch im Mittelalter fest hängen.

Jetzt wird es Zeit, dass wir aufstehen. Wir die Bewohner unseres, meines Heimatlandes. Wir Deutsche in all unserer Verschiedenheit, gleichgültig, in welchem Land unsere Eltern geboren wurden. Lasst uns in aller Vielfalt demonstrieren, dass wir die braunen Fesseln der Vergangenheit abgestreift haben.

 

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Inklusion ist viel mehr

Die Inklusion ist mal wieder in aller Munde. Und natürlich sind alle inklusiv und fordern von den Politikern, die Inklusion endlich umzusetzen. Doch was nutzt es, wenn die Inklusion, was immer das auch sein mag, in den Gesetzestexten auftaucht?

Nichts! In den Gesetzen steht die Inklusion nämlich schon lange drin. Aber solange sie nicht in den Köpfen und Herzen der Menschen ankommt, bleibt sie das, was sie ist: Inhaltsleere Worte auf Papier.

Es gibt die Gleichbehandlungsgesetze, Anti-Diskriminierungsgesetze, ja, selbst im Grundgesetz ist die Inklusion sogar explizit verankert: Artikel 3: „… Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“

Die diversen Bauvorschriften und Normen zur Barrierefreiheit nicht nur öffentlicher Gebäude gibt es ebenfalls schon lange. Gerüchteweise sollen auch schon einige Architekten den Verdacht haben, dass es da etwas gäbe.

Aber was ist Inklusion? In der Touristik besagt „all inclusive“, dass ich einmal bezahle und dann alle vorhandenen Ressourcen nutzen darf. Flug, Transfer zum Hotel, Zimmer, Bar, Pool, Essen, Trinken, Kinderbetreuung, Ausflüge – alles ist über die Pauschale abgedeckt.
Merkwürdig, da funktioniert’s.

Aber Inklusion ist nicht die Rollstuhlrampe am Rathaus. Inklusion ist nicht die klickende Fußgängerampel. Inklusion ist auch nicht der Gebärdendolmetscher in den Nachrichten. Auch die kürzlich eingeklagten Prozessunterlagen in Braille-Schrift sind keine Inklusion.

Inklusion ist, wenn ich spontan ins Kino oder ins Theater gehe, ohne vorher klären zu müssen, ob ich mit dem Rollstuhl überhaupt hin und auch rein komme.

Inklusion ist, wenn ich im Supermarkt einkaufe und selbstverständlich an den Regalen Preis und Warenbezeichnung in Blindenschrift vorfinde.

Inklusion ist, wenn in den Behindertengruppen in den sozialen Netzwerken keine Sinnsprüche als Bilder gepostet werden. Die Vorlesefunktion in den Computern von Sehbehinderten kann damit nichts anfangen.

Inklusion ist, wenn alle ihre Dienstleistung, ihr Lokal, ihre Informationen auch denen zugänglich machen, die nicht ohne Weiteres in deren Genuss kämen. Und all das, ohne dass es in irgendwelchen Gesetzbüchern verstaubt, wo es sowieso kein Mensch liest. Wenn alle an alle denken, ohne erst dazu verurteilt werden zu müssen, das ist Inklusion!

Ich besuchte vor einiger Zeit eine blinde Freundin. Ich kam mit dem Rollstuhl ohne Probleme in ihre Wohnung. Als ich hineinfuhr, sagte sie: „Moment, ich mache dir Licht.“ Sie konnte sich im Dunkeln orientieren, aber sie dachte sofort daran, dass ihr Besucher zum Sehen Licht benötigt. Das, liebe Freunde, das ist Inklusion!

Aber solange wir Behinderten nur unseren eigenen Nachteilsausgleich sehen, welches Recht haben wir, von den Politikern Inklusion zu fordern?

Lasst uns unserer Umwelt vorleben, dass wir die Inklusion verstanden haben. Wie?
Vielleicht, indem wir bei Bildern, die wir im Internet posten, in kurzen Worten schildern, was diese zeigen. Oder bei den so beliebten Sinnspruchbildern einfach den Text noch einmal darunter schreiben.
Vielleicht, wenn wir uns mit Freunden treffen, daran denken, dass nicht alle Treppen steigen können und das Lokal entsprechend auswählen.
Vielleicht, indem wir mit Gehörlosen so sprechen, dass sie unsere Lippen und unsere Mimik gut sehen können. Also einfach mal die Eiskarte vor dem Gesicht wegnehmen. Wir müssen jetzt nicht alle das Gebärden lernen – aber vielleicht finden es ein paar von uns ganz nützlich?

Natürlich können wir keinen Schalter umlegen und die Inklusion ist da. Aber wir können den Schalter in unseren Köpfen umlegen. Dann fällt es uns auch leichter, unser direktes Umfeld zu sensibilisieren. So, und nur so, kriegen wir die Inklusion in die Köpfe und Herzen der Menschen – während die Juristen immer noch um Kommata herumdiskutieren.

Ich fange schon mal an. Wer mitmachen will, ist herzlich eingeladen, den Schalter im eigenen Kopf zu finden und umzulegen. Es gibt kein Kochrezept und keine Vorschrift. Beobachten und ausprobieren, das ist die Devise. Gewöhnen wir uns einfach an, daran zu denken, dass es auch Menschen mit anderen Behinderungen gibt. Vielleicht möchten die auch mit dabei sein?

Wenn wir nicht mehr weiter wissen, dann können wir Spezialisten fragen. Das sind die, die eine andere Behinderung haben. Wenn die nicht ganz genau wissen, was sie brauchen, wer dann?

Und irgendwann wissen wir auch genau, was die Politiker für uns in die Gesetze schreiben sollen. Wir, nicht die Heimbetreiber, Fahrdienstunternehmer und die Berufsfürsorger, die sich sonst unsere Köpfe zerbrechen. Die wissen nämlich auch schon lange, was in den Gesetzen stehen muss, damit sie weiter auf unsere Kosten verdienen.

Noch ist der Zug nicht abgefahren. Aber wenn wir jetzt nicht endlich zeigen, was Inklusion wirklich ist, werden wir das bleiben, was so viele jetzt schon sind: Nutzvieh – für Heimbetreiber, Sozialbehörden, Fahrdienste und alle, die sonst noch kräftig am Pflegekuchen mit futtern.

 

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Von Möpsen und anderen Viechern

Nicht nur mein Pflegedienst kommt regelmäßig zu mir, meine persönliche Assistentin ist schon lange eine ganz liebe Freundin. Wir unternehmen gerne auch mal die eine oder andere Radtour oder sie begleitet mich zu Veranstaltungen und Konzerten. Wir sind vom Alter her nur ein paar Tage auseinander und auch sonst ähnlich schräg drauf. Meine Frau ist ganz froh, wenn sie nicht immer mit muss. Neben ihrem Beruf ist sie ja auch noch in meine Pflege eingebunden, da tun ihr ein paar Stunden ohne mich ab und zu ganz gut.

Meine Assistentin ist sehr tierlieb, sie hat mehrere Haustiere, darunter auch zwei Möpse. Richtige Möpse, also Hunde.

Mops

(Bild: Pixabay CC0 Public Domain)

Aus einer hingeworfenen Bemerkung von ihr hat sich ein echter running Gag entwickelt. Irgendwann einmal meinte sie: „… und dann beugte ich mich zu meinen Möpsen runter …“. Klar, dass von mir direkt die Frage kam: „Welche Haltung muss eine Frau annehmen, damit sie sich zu ihren Möpsen herunter bücken kann?“

Als wir wieder Luft bekamen, war uns klar, dass dieses Thema noch lange nicht beendet ist. Schnell merkten wir, dass es zu Missverständnissen kommen kann, wenn jemand nur Bruchstücke unserer Gespräche mitbekommt. Fußballer sagen dazu: Steilvorlage.

Sätze, wie: „Bei dem Regen gestern sind meine Möpse ganz schön nass geworden“,
oder: „Ich muss mich beeilen, meine Möpse müssen noch raus“
lösen bei unbedarften Zuhörern die seltsamsten Reaktionen aus.

Kürzlich meinte sie zu ihrer Tochter: „Ich rede mit meinen Möpsen“.
Das Gesicht hätte ich zu gerne gesehen.

Wir haben einen Heidenspaß daran, solche Sätze in Gespräche zu streuen, wenn wir merken, dass wir beobachtet werden und die Betreffenden in Hörweite sind. Also ziemlich häufig.
Menschen im Rollstuhl, die lachen, haben immer noch etwas Exotisches. Hoffentlich noch lange, sonst würde mir so manches Vergnügen entgehen, Inklusion hin oder her.

Bei einem Feinkosthändler habe ich Weingummi-Möpse gefunden und eine Tüte davon gekauft. Die wird sie finden, wenn sie mal wieder alle ihre Jackentaschen nach ihrem Autoschlüssel absucht. Da freue ich mich schon drauf. Wie man die unauffällig platziert, habe ich vor Jahren bei einem Illusionisten-Workshop gelernt.

Ich liebe es einfach, meine Mitmenschen zu verblüffen.

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Wenn andere glauben, sich meinen Kopf zerbrechen zu müssen …

… dann sollten sie sich auf Überraschungen gefasst machen.

Das Leben schreibt einfach die besten Geschichten!

Stadtbummel mit meiner Frau. Wir steigen im Einkaufs-Center in einen Aufzug ein, in dem schon eine Frau mit Kinderwagen steht. Hinter uns noch eine Frau mit Kinderwagen, die sich überlegt, ob sie noch rein passt. Tut sie locker, ich muss nur mit dem Rollstuhl ein bisschen auf die Seite rücken. Meine Zimmerlinde trocken: „Kommen sie rein, den kann man zusammen falten“ und zeigt dabei auf mich. Die angesprochene fährt ihren Kinderwagen dazu und schaut meine Frau ganz böse an. „Das ist meiner, mit dem kann ich machen, was ich will“, setzt meine noch einen drauf. In der nächsten Etage stürmt die Zugestiegene mit einem wütenden Schnauber aus dem Aufzug, verfolgt vom schallenden Gelächter der anderen Kinderwagenpilotin.
Man weiß doch, diese armen, leidenden Rollstuhlfahrer. Kein Spaß im Leben und dann noch so behandelt.
Mir tun jetzt noch die Wangenmuskeln weh – vom Lachen.

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Von Helden, Opfern und den Versuchen, zu leben

Schaue ich mir an, wie Behinderte in den Medien dargestellt werden, scheint es zwei Gruppen zu geben:

Da sind einmal die Opfer, die an allem Möglichen leiden, an Rollstühle oder Betten gefesselt und vom Schicksal gebeutelt sind. Diese Rolle haben manche schon so verinnerlicht, dass sie sich mit den Worten vorstellen: „Ich heiße sonst wie und leide seit einigen Jahren unter irgendwas.“ Die denken sich schon gar nichts mehr dabei, „weil man das eben so sagt“.

Dann gibt es die Helden, die trotz ihres schlimmen (schon wieder) Schicksals ihr Leben meistern und immer guten Mutes sind. Die Helden sind sich dessen meistens gar nicht bewusst. Sie sind aber oft genervt, weil Gott und die Welt ihnen permanent am Ohr hängt, wie inspirierend sie doch sind.

Eine Gruppe von Behinderten vermisse ich. Das sind diejenigen, die ihr Leben so normal leben, wie es ihnen möglich ist. Die, die einen höheren Aufwand in ihr Selbst-Management stecken und damit ganz gut mit den nicht Behinderten mithalten. Das sind die, die ihre Hilfsmittel nicht als Freunde oder Feinde ansehen, sondern schlicht – als Hilfsmittel.
Rollstuhl, Brille, Hörgerät, Bein- oder Zahnprothese – wo bitte ist denn da der Unterschied?

Ich selbst bin seit einigen Jahren ebenfalls auf Rädern unterwegs. Ja, so etwas behindert einen schon ziemlich, gerade, wenn eine Treppe im Weg ist. Ich fühle mich aber nicht an den Rollstuhl gefesselt. Wenn man ihm mir wegnähme, dann würde ich ziemlich hilflos aus der Wäsche gucken. Angewiesen – ja, aber gefesselt wäre übertrieben.

Also, was tun wir, wenn wir jemanden sehen, der an den Rollstuhl gefesselt ist?
Losbinden oder die Polizei rufen.
Oder noch besser: Fragen. Vielleicht steht er oder sie ja auf Fesselspiele?

 

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Routine gegen Menschenwürde

Da liegst du da, seit Monaten. Essen, Trinken und auch die Körperpflege findet im Liegen statt. Statt zu duschen wird sich mit dem Waschlappen abgewaschen. Ist ungefährlicher.

Geduscht habe ich in diesem Jahr zwei Mal. Jedes Mal gab’s einen „kleinen“ Hautdefekt. Blöd, wenn sich daraus eine Fistel bildet, die du nicht merkst. Und schon liegst du wieder monatelang da.

Die Pflege bringt das Frühstück. Ich habe gelernt, auf der Seite liegend mein Brötchen zu belegen. Ein Geschirrhandtuch fängt die Krümel auf. Zum Glück schaue ich aus dem Fenster, sonst hätte ich direkte Sicht auf das Nachbarbett, in dem der Insasse gerade manuell den Darm ausgeräumt bekommt. Querschnitt heißt häufig auch, dass Darm und Blase gelähmt sind.

So bekomme ich wenigstens bloß den Geruch mit. Die meisten Pflegerinnen und Pfleger lassen mit sich reden. Während wir frühstücken, machen sie etwas anderes. Pause vielleicht oder sind im Nachbarzimmer zugange.

Ein paar weigern sich. Das geht nicht, sie kommen sonst mit der Zeit nicht rum. Wir sollen uns nicht so anstellen, das wäre doch alles natürlich.

Beschwerden werden vom Qualitätsmanagement gerne entgegengenommen. Und abgeheftet,wahrscheinlich. Geht alles nach ISO. Normiert, standardisiert, Abläufe optimiert. Schließlich müssen hier Dividende erwirtschaftet werden. Krankenhäuser sollen Menschen heilen? Wer kommt denn auf sowas? Das war vielleicht mal. Da haben Stadt- und Gemeindeparlamente auch noch versucht, das Leben für ihre Bürger lebenswert zu machen. Heute gibt es Kommunen, die Projekte realisieren. Um die zu finanzieren, wurden schon vor Jahren die Kostenfaktoren Krankenhaus gewinnbringend verscherbelt.

Heute sind das Profit- Center, die für die Aktionäre Gewinne erwirtschaften. Menschen heilen – haha, der ist gut.

Naja, als ich vor ein paar Monaten mal wieder hier eingecheckt habe, durfte ich mein Schamgefühl an der Pforte deponieren. Die Menschenwürde hängt sauber gefaltet an einem Bügel im Schrank. Da weiß ich wenigstens, wo sie ist.

Ich bin ja hier nicht in der Sommerfrische, sondern soll gesund werden. Streng genommen liege ich hier und warte darauf, dass die Wunden von den vielen OPs heilen und das Narbengewebe weich wird. Sonst reißt es jedes Mal wieder auf, wenn ich die Beine beuge. Und das muss ich, wenn ich in meinem Rollstuhl sitzen will.

Aber ich bin ungerecht. Die meisten auf der Querschnittsstation sehen in den Betten noch Menschen liegen, keine Pflegeobjekte. Ganz haben es die Betriebswirte noch nicht geschafft. Trotz Vollbelegungsanordnung, Personalkürzung und Prozessoptimierung.

Diese Dinosaurier sind nicht ausgestorben. Noch nicht. Und vielleicht komme ich doch noch mal an diesen mystischen Ort, den ich dunkel als mein Zuhause in Erinnerung habe.
Der Ort, an dem geliebte Menschen leben.

Dafür nehme ich sogar Frühstück mit Abführgeruch und -Geräuschen in Kauf.

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Und wo bleiben die Männerhäuser?

So ganz langsam halte ich die Geschichten mit den Frauenquoten für deutlich übers Ziel hinausgeschossen. Quoten find ich persönlich von je her kontraproduktiv, egal, welche.

Wenn ich in einem Team bin, dann möchte ich die besten Fachleute haben. Dabei ist mir das Geschlecht, die Hautfarbe oder die Religion gleichgültig. Im Gegenteil, wenn ich einen bestimmten Spezialisten nicht bekommen kann, nur weil er das falsche Geschlecht hat, dann ist das meiner unmaßgeblichen Meinung nach eine Benachteiligung.
Diese ganzen Quotengläubigen sollen sich mal den Artikel 3 unseres Grundgesetzes durchlesen.

Aber es wird noch schlimmer:
In einem Versuch hat ein Paar an einem öffentlichen Platz einen Streit gespielt. Zuerst hat der Mann die Frau angeschrien und sie dann geschlagen. Zuvor haben sich beide von Stuntleuten zeigen lassen, wie so etwas geht, ohne dem anderen wehzutun.
Meistens schritten die Umstehenden bereits ein, bevor der Streit körperlich wurde.
Und jedes Mal wurde der Mann nach allen Regeln der Kunst zusammengefaltet.

Dann wurden die Rollen getauscht. Diesmal hat die Frau den Mann beschimpft und geschlagen.
Was passierte? Die Umstehenden applaudierten!
Jedes Mal.
Und jedes Mal kassierte er einen Satz warme Ohren.

Laut Polizeistatistiken werden bei ca. einem Drittel der Fälle von häuslicher Gewalt die Männer verprügelt.
Frauenhäuser gib es in jeder Stadt. Wie viele Männerhäuser gibt es in Deutschland? 2 (In Worten: zwei).

Gleichberechtigung geht anders.
Und das Argument, dass jetzt die Frauen mal dran wären, das zählt nicht.

Also, liebe Geschlechtsgenossen: Behandelt die Frauen so, wie es vorgesehen ist, nämlich als Gleiche unter Gleichen. Aber passt auf, wenn sie ihre weiblichen Waffen einsetzen. Lasst das Gehirn eingeschaltet, denn sie haben nie gelernt, was Fairness bedeutet.
Wenn sie euch dazu bringen, zwischen den Zehen zu denken, dann habt ihr verloren.

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