Die „Islamisierung des Abendlandes“ – Gefahr oder Unsinn?

Manchmal habe ich das Gefühl, das das Rad der Zeit nicht nur zurück rollt, sondern sich auch gerne mal einen kleinen Hopser seitwärts gönnt.
Warum sonst sollten plötzlich Zehntausende gegen die Islamisierung des Abendlandes auf die Straße gehen?

Ich selbst bin als Christ aufgewachsen und bemühe mich, mein Leben nach christlichen Grundsätzen zu gestalten. Einer dieser Grundsätze ist, die Eigenarten meines Nächsten zu tolerieren, um es mal so salopp zu umschreiben.

Es ist in geschichtlichem Maßstab noch gar nicht lange her, da wurden Menschen hingerichtet, weil sie in der Öffentlichkeit eine Meinung äußerten, die von der Staatsdoktrin abwich. Ganz spontan fallen mir die Geschwister Scholl ein. Buchstäblich Millionen von Menschen mussten dafür sterben, weil sie einer anderen Religionsgemeinschaft angehören. Und wer nicht davon begeistert war, dessen Leben änderte sich abrupt zum Schlechten. Wenn er Glück hatte und es nicht direkt beendet wurde.

Heute noch leben Menschen, die diese Zeit nicht vergessen haben. Das, was von einigen aus der Generation unserer Großeltern vielen angetan wurde, bekommen wir noch zu spüren. Solange wir daraus nichts lernen, wird es auch so bleiben – und das ist richtig so.

Der Islam ist im Grunde genommen eine friedfertige und mildtätige Religion, die von einigen Verblendeten pervertiert wurde. Was Cortez und Komplizen im Namen des Kreuzes übrigens noch viel konsequenter in Lateinamerika durchgezogen haben.

Die Conquestadores oder die braun oder schwarz uniformierten Nazi-Schergen hatten mit dem christlichen Glauben genauso viel zu tun, wie Organisationen, wie die IS mit dem Islam. Nichts, aber auch gar nichts! Sie verstecken sich nur dahinter, damit niemand erkennt, dass es sich um Terror der niedrigsten Art handelt.

Ich selbst habe Freunde aus den verschiedensten Religionsgemeinschaften: Muslime, Juden,  Buddhisten, Zeugen Jehovas, Mormonen. Es sind auch welche darunter, die an gar nichts glauben – ebenfalls eine Art Religion. Mit allen verstehe ich mich und keiner versucht, den anderen zu missionieren. Klar, dass jeder seine Religion für die tollste hält – am eifrigsten dabei sind die Atheisten. Aber jeder von uns lässt dem anderen seinen Freiraum und erwartet dasselbe.

Unser Weihnachten heißt Weihnachten, genauso, wie das Hanukahfest meiner jüdischen Freunde seinen Namen beibehalten hat. Und wenn andere Freunde sich 5 mal am Tag in Richtung Mekka drehen und beten, dann entspricht das ihrer Überzeugung. Das ist weder ansteckend, noch kostet es mich einen Cent. Es gibt in unserem Land Kirchen, Moscheen, Synagogen, Tempel und Bethäuser anderer Glaubensrichtung. Das, liebe Freunde, das ist wirklich ein Grund, stolz darauf zu sein, in diesem unseren Land zu leben.

Was mir aber richtig Angst macht, das ist diese fast schon epidemisch um sich greifende Paranoia. Ja, es ist stimmt, dass religiös motivierte Gruppen weltweit Terror verbreiten. Dass aber dadurch ein einziger Mensch von seiner Überzeugung abweicht, das hat das letzte Mal bei Galileo funktioniert. Und der tat es nur formell.

Viele Deutsche haben aus der Vergangenheit gelernt. Wir haben gelernt, dass wir von anderen Kulturen unglaublich viel lernen können. Wir haben gelernt, dass gerade die Diversität, die Verschiedenheit uns vorwärts bringt. Und genau das Zulassen, das Annehmen dieser Verschiedenheit, das ist es, was uns eint. Das ist es, was uns stark macht gegenüber den Kräften, die geistig immer noch im Mittelalter fest hängen.

Jetzt wird es Zeit, dass wir aufstehen. Wir die Bewohner unseres, meines Heimatlandes. Wir Deutsche in all unserer Verschiedenheit, gleichgültig, in welchem Land unsere Eltern geboren wurden. Lasst uns in aller Vielfalt demonstrieren, dass wir die braunen Fesseln der Vergangenheit abgestreift haben.

 

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar