Von Helden, Opfern und den Versuchen, zu leben

Schaue ich mir an, wie Behinderte in den Medien dargestellt werden, scheint es zwei Gruppen zu geben:

Da sind einmal die Opfer, die an allem Möglichen leiden, an Rollstühle oder Betten gefesselt und vom Schicksal gebeutelt sind. Diese Rolle haben manche schon so verinnerlicht, dass sie sich mit den Worten vorstellen: „Ich heiße sonst wie und leide seit einigen Jahren unter irgendwas.“ Die denken sich schon gar nichts mehr dabei, „weil man das eben so sagt“.

Dann gibt es die Helden, die trotz ihres schlimmen (schon wieder) Schicksals ihr Leben meistern und immer guten Mutes sind. Die Helden sind sich dessen meistens gar nicht bewusst. Sie sind aber oft genervt, weil Gott und die Welt ihnen permanent am Ohr hängt, wie inspirierend sie doch sind.

Eine Gruppe von Behinderten vermisse ich. Das sind diejenigen, die ihr Leben so normal leben, wie es ihnen möglich ist. Die, die einen höheren Aufwand in ihr Selbst-Management stecken und damit ganz gut mit den nicht Behinderten mithalten. Das sind die, die ihre Hilfsmittel nicht als Freunde oder Feinde ansehen, sondern schlicht – als Hilfsmittel.
Rollstuhl, Brille, Hörgerät, Bein- oder Zahnprothese – wo bitte ist denn da der Unterschied?

Ich selbst bin seit einigen Jahren ebenfalls auf Rädern unterwegs. Ja, so etwas behindert einen schon ziemlich, gerade, wenn eine Treppe im Weg ist. Ich fühle mich aber nicht an den Rollstuhl gefesselt. Wenn man ihm mir wegnähme, dann würde ich ziemlich hilflos aus der Wäsche gucken. Angewiesen – ja, aber gefesselt wäre übertrieben.

Also, was tun wir, wenn wir jemanden sehen, der an den Rollstuhl gefesselt ist?
Losbinden oder die Polizei rufen.
Oder noch besser: Fragen. Vielleicht steht er oder sie ja auf Fesselspiele?

 

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