Challenge accomplished – Ziel erreicht

Wer meinen Blog verfolgt, weiß, dass ich vor über acht Jahren mit meiner liebsten Schubserin nach Berlin wollte. Warum das die kürzeste Trike-Tour meines Lebens wurde, das ist inzwischen Geschichte. Deses Jahr nullte meine Zimmerlinde. Ein Grund einen neuen Versuch zu starten, diesmal aber mit dem Flugzeug. Wenn das schiefgehen sollte, dann bekommt es wenigstens jeder mit. Um der Geschichte ein klein wenig vorzugreifen, nach acht Jahren, drei Monaten und einundzwanzig Tagen standen wir wirklich unter der Quadriga.

Das Abenteuer begann bereits beim Buchen. Manche Fluglinien nehmen die Begleitpersonen nämlich sehr günstig mit. Sie zahlen nur die Flughafen- und die Bearbeitungsgebühr – der eigentliche Flug ist kostenfrei. Dafür muss sie im Fall der Fälle den Behinderten evakuieren.
Das funktioniert aber nur, wenn direkt bei der Airline gebucht wird. Die vielen Portale bieten diese Möglichkeit nicht an. Weiterer Nachteil – bei Buchung über die Airline sind ein bis zwei Gepäckstücke im Ticketpreis inbegriffen. Über das Portal kosten die Koffer extra. Das sagt uns der gute Calli aber nicht, die Nase. So ist dann das etwas preiswertete Ticket eine ganze Ecke teurer.
Ein Anruf beim Portal brachte immerhin den Erfolg, dass der Rollstuhl kostenfrei durchgebucht wird – sagte man mir. Das hätte bei der Fluglinie zwar ebenfalls funktioniert, dafür hätte ich aber bei der telefonischen Anmeldung der Rollstuhlmaße nie erfahren, dass das Portal vergessen hatte, die Begleitung zur Maschine mitzubuchen. Der freundliche Sachbearbeiter der Fluglinie brachte aber alles in Ordnung. Ansonsten hätte ich den Rollstuhl als kostenfreies Sperrgepäck aufgegeben und dann zusehen müssen, wie ich in die Maschine komme. So viel zum Thema billig Fliegen.

Wegen des Rollstuhls zwei Stunden vor Abflug am Flughafen zu sein, hatte ich zwar irgendwo gelesen, eine Stunde vorher hätte aber locker ausgereicht. Der Schalter öffnet ohnehin erst eineinhalb Stunden vorher.

Als wir das Flugzeug sahen, kamen uns erste Zweifel. Diese kleine Turboprop-Maschine soll uns mitnehmen? Und wie kommen wir da rein?
Eine sehr freundliche Mitarbeiterin bat uns, doch bitte aufs Vorfeld zu kommen. Dort parkte ein Catering-Fahrzeug vor der Tür. Die haben viele von uns schon gesehen. Ein Transporter hat einen Container huckepack, der sich nach oben auf die Ebene der Flugzeugtüren heben lässt, damit die Verpflegungswagen hineingerollt werden können.

Irgend ein pfiffiger Mensch hatte dem Verpflegungscontainer ein paar Rollstuhlhalterungen spendiert.
So wurde ich von der Flughafenfeuerwehr erst einmal hinten in den Container eingeladen.
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Anschließend wurden meine Zimmerlinde und ich gemütlich zum Flugzeug hinaus gekarrt. Die Feuerwehrleute waren zu Recht sichtlich stolz auf ihre neue Errungenschaft.

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Dann fuhr der Container auf Lukenhöhe hoch und ein Steg zur Einstiegsluke hinüber.

Der Fahrer lenkte dabei wie ein Schiffskapitän sein Fahrzeug von der Containerbrücke aus auf den Zentimeter genau in Position.

Ich war direkt dahinter festgezurrt und echt beeindruckt.

 

 

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Anschließend packten mich die Herren der Flughafenfeuerwehr auf den Kabinenrollstuhl und fuhren mich zu meinem Sitzplatz. Mein Rollstuhl verschwand derweil irgenwo im Bauch der Maschine.

Kleiner Tipp: Wer wie ich eine sensible Rückseite hat, sollte sich sein Rollstuhlkissen mit rüber nehmen. Ich hatte auch mein Rutschbrett und ein Gleitkissen dabei, womit ich verblüffend leicht auf meinem Fensterplatz landete.

 

Anschließend durften dann die anderen Passagiere einsteigen – darunter auch ein paar sehr hochnäsig dreinblickende Vielflieger, die uns bereits beim Einchecken durch ihre ungeduldige Art auf den Wecker gefallen waren.
Die Blicke, als sie beim Einsteigen bemerkten, dass wir der Grund für die paar Minuten Wartezeit waren – unbezahlbar. Meine liebste Feuerwehrmannanfeuerin hatte noch auf Reiseflughöhe ein breites Grinsen im Gesicht.

Nachdem man uns in dem kleinen Flughafen Baden-Baden so hochtechnisch an Bord gebracht hatte, waren wir natürlich gespannt, mit welcher Hightech-Überraschung man uns in einer der modernsten Städte der Welt auf den Boden der Tatsachen befördern
würde.

Es war natürlich nicht so etwas Improvisiertes, wie ein umgerüstetes Cateringfahrzeug.

Erst einmal bat man uns, zu warten. Gerade würde ein anderer Rollstuhlfahrer aus einem anderen Flugzeug geholt.

Eine Viertelstunde später kamen zwei etwas abgehetzt wirkende Menschen des Behindertenbegleitdienstes. Sie hievten mich auf den Kabinenrollstuhl und schleppten mich unter Ächzen und Keuchen die Gangway herunter. Unten setzten sie mich in meinen  bereit stehenden Rollstuhl. Mit einem handelsüblichen Behindertenbus ging es dann quer übers Vorfeld zur Gepäckausgabe.

Hier trafen wir wieder auf unsere ungeduldig hin und her trippelnden Vielflieger. Diese hatten schon beim Check-In ja ganz eloquent den Krüppel mit seiner Karre überholt, der da ja erst eine halbe Stunde stand. Ihr Gepäck war auch zuerst verladen worden – und kam demzufolge zuletzt wieder ans Tageslicht. So folgten uns nicht mehr ganz so blasiert wirkende, eher leicht verkniffene Gesichter, als ein fröhlicher Flughafenmitarbeiter meiner Lieblingsschubserin ihren Koffer in die Hand drückte, und mich dann im Laufschritt zur Bushaltestelle schob. Dass er uns in den vollkommen falschen Bus setzte, das bekamen sie leider nicht mehr mit.

Wie wir dann doch noch im richtigen Hotel ankamen und wie die Hauptstädter mit der Inklusion umgehen, das erzähle ich euch beim nächsten Mal.

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