Erst die Synagogen, dann die Moscheen?

Ich hab schon eine Weile nichts mehr gebloggt, aber jetzt?
Leute, ich hab echt Angst. Vor Kurzem jährte sich die „Reichskristallnacht“ zum 75. mal.
Ein dunkles, wenn nicht das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte. Haben wir denn gar nichts gelernt?

Eine hessische Kita nennt das St. Martins-Fest „Sonne, Mond und Sterne-Fest“. Intern, wohlgemerkt, weil die Kinder sich darunter eher etwas vorstellen können. Was diverse Revolverblätter verleitet, laut den Niedergang unserer traditionellen Werte zu verkünden.

Das wiederum verleitet ein paar politische Hinterbänkler, diesen Gedenktag generell umzubenennen. Andersgläubige, speziell Muslime, könnten sich ja durch den christlichen Hintergrund provoziert fühlen.

Dass es sich bei St. Martin nicht um einen Heuschrecken futternden Wanderprediger handelte, sondern um einen römischen Legionär, der seinen Umhang mit einem frierenden Bettler teilte, scheint diesen Menschen entgangen zu sein.

Dieser Akt der Nächstenliebe entspricht übrigens voll und ganz dem muslimischen Gebot der Barmherzigkeit. Was also soll Muslime daran provozieren?

Ein Ortsbeirat in Berlin entscheidet sich dafür, auf öffentlichen Plätzen in diesem Ortsteil keine religiösen Feste mehr zuzulassen. Das Viertel ist ein sozialer Brennpunkt, an dem Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen eng zusammen wohnen. Die Stadteilverwaltung versucht, auf diesem Weg Streitpunkte zu vermeiden. Das ist an sich ein löbliches Unterfangen. Feste von Liebhabern von Techno-Musik und Feste von sexuell unüblich orientierten Menschen sind immer noch zugelassen.

Was aber wird dadurch erreicht? Diejenigen, die gerne mit nationalen Begriffen aufwarten, bekommen frei Haus Argumente geliefert, um den Unentschlossenen einen leicht verdaulichen Weg in die komplett falsche Richtung aufzuzeigen.

„Erst nehmen sie uns die Arbeitsplätze weg, dann schmarotzen sie im sozialen System und jetzt wollen sie uns noch unseren Glauben nehmen?“ Vor Jahren erreichte ein gewisser Herr Goebbels mit einer ganz ähnlichen Argumentation ungeahnte publizistische Erfolge. Was daraus wurde haben wir alle in der Schule gelernt, jedenfalls die, die da waren. Wir müssen nur der Berichterstattung ein paar Worte über einen alten islamistischen Hassprediger voranstellen und schon ist der Sinn des ganzen Berichts verdreht.

Damals brannten die Synagogen. Die ersten Stimmen werden laut, diesmal wären die Moscheen dran. Selbst Menschen, die ich als gemäßigt kenne, denken darüber nach, die Muslime nach Hause zu schicken.

Hallo? Die Muslime, von denen hier gesprochen wird, sind hier geboren und aufgewachsen – die sind bereits zu Hause, und zwar genau hier!

Merkt denn hier niemand, dass sich nur ein paar gewissenlose politische Hinterbänkler profilieren wollen? Nein, die kommen nicht von der rechten Seite, im Gegenteil! Noch vor Kurzem haben sie beispielsweise verlangt, die Nationalisten zu verbieten.
Jetzt müssen sie nur genügend bildungsresistente Nachplauderer in die Arme der Rechten treiben, dann können sie in Ruhe zusehen, wie die für sie die Drecksarbeit erledigen. Und auch das müssen sie nicht selbst tun, dafür melden sich gerne ein paar so genannte Journalisten, denen die Auflage wichtiger ist, als die gewissenhafte Recherche.

Zeigen wir diesen geistigen Dünnbrettbohrern, dass wir auf ihre Versuche, sich auf unsere Kosten zu profilieren, nicht herein fallen.

Wir wollen unsere Traditionen weiter pflegen, wollen unsere so lang verleugnete gemeinsame Identität nicht schon wieder unter Stiefeln zertrampelt sehen.

Aber eins werden diese verblendeten Agitatoren nicht verstehen: Ob wir jetzt Gott sagen, Allah, Jahwe, Jehova, Manitu oder uns als Freidenker bezeichnen – Ob manche von uns nicht hören, sehen oder laufen können, wir alle sind in erster Linie Menschen. Menschen, die in Frieden miteinander unsere gemeinsame Zukunft gestalten und dabei unsere individuellen Traditionen pflegen möchten.

Und ob mein Nachbar einen Turban trägt, Schläfenlocken hat oder aud Rädern daher kommt – Gemeinsam ziehen wir mit unseren Kindern und ihren Laternen durch die Straßen und singen das Lied von Sonne, Mond und Sternen.
Und wenn unsere Kinder mit glänzenden Augen und tropfenden Nasen wieder ins Warme kommen, dann wissen wir eins: Diese Kinder werden keinen Menschen für weniger wertvoll halten, nur weil er Dialekt spricht, eine andere Hautfarbe hat, oder andere Kleidung trägt.
Ganz unpolitisch, weil sie diese anderen Menschen schon aus dem Kindergarten kennen und sich gegenseitig vertrauen.

Extremismus, ob von links oder rechts, ob religiös geprägt oder aktuelle Themen übertreibend – Extremismus führt immer in die falsche Richtung. Lasst uns nicht schon wieder auf dieselben Argumente hereinfallen. Beweisen wir uns und der Welt, dass wir aus der Geschichte gelernt haben.

Lasst uns unsere Traditionen behalten und die unserer Nachbarn als Bereicherung unserer gemeinsamen Kultur annehmen. Wer schon seit Generationen mit mit Tür an Tür lebt, ist schon lange kein Fremder mehr.

 

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