Leben im Liegen

Jetzt ist es ein gutes Jahr her, dass ich mich zum Ausheilen eines eigentlich kleinen Dekubitus in dieses Bett gelegt habe. Dummerweise hatte der Kleine einen großen Bruder, der sich direkt unter ihm versteckte. Sackgesicht, hinterhältiges!

Durch die Narben der vielen OPs sieht der Körperteil, mit dem ich meine Sitzkissen platt drücke, sowieso schon aus, wie der Stadtplan von Alt-Jerusalem. Da kommt es auf die eine oder andere Narbe mehr auch nicht mehr an. Suboptimal dabei ist, dass Narbengewebe bei einer erneuten Verletzung heilungstechnisch keine Geschwindigkeitsrekorde bricht. Verdauungsprobleme direkt neben einer offenen Wunde sind dabei auch nicht unbedingt heilungsfördernd. Wenigstens ist mir bisher das Krankenhaus erspart geblieben. Das ist doch schon mal was!

Und so heißt es, Geduld zu üben, während das Leben vor dem Fenster an dir vorbei zieht. Für meinen Brötchengeber muss ich dabei eine Lanze brechen. Er versorgt mich mit Arbeit, die ich auch vom Bett aus erledigen kann. Nur das Unterrichten funktioniert so nicht. Schade eigentlich, denn das ist eine durchaus befriedigende Tätigkeit. Aber die Ersatzlösung, die wir gefunden haben, ist auch nicht schlecht.
Gar nicht schlecht!

Ich habe mir immer gewünscht, einmal vom Schreiben meine Miete bezahlen zu können. Und wieder einmal bewahrheitet sich die alte Warnung, die schon so vielen in den Mund gelegt wurde: „Bedenke worum du betest. Du könntest es bekommen.

Meine Freunde sagen, ich würde sie beeindrucken, weil ich weiter meiner Arbeit nachgehe und meine Ehrenämter erfülle. Wobei nachgehen doch leicht übertrieben ist. Nachliegen ist aber auch nicht gerade der Brüller.

Freunde, das ist reiner Selbstschutz! In manchen Situationen kann ein gewisser Fatalismus die Sache ungemein erleichtern. Verbindet man das mit einer guten Portion Galgenhumor, lässt es sich fast aushalten.

Was bleibt einem auch anderes übrig? Als bettlägerischer Querschnitt aus dem Fenster zu hopsen, ist ein nur schwer zu realisierendes Unterfangen. Und als Bewohner einer Parterrewohnung ist es auch nicht gerade zielführend. Außerdem bin ich viel zu neugierig auf morgen.

Meine Chefs, meine Kollegen und nicht zuletzt meine Familie lassen ohnehin keine Langeweile aufkommen – im Geigentul, die kennen da nichts. Nur mein Ehrenamt in unserer Gemeinde behandle ich momentan etwas stiefmütterlich. Aber Sitzungen gehen eben grad nicht – auch kein schlechtes Wortspiel. Vielleicht kriege ich ja unseren Bürgermeister dazu, gelegentlich eine Liegung einzuberufen. Bei den ollen Römern hat das ja auch funktioniert.

Eine andere Arbeitsweise habe ich mir angewöhnt. Wenn ich an einem komplizierten Artikel arbeite, dann mache ich schon mal zwischendrin die Augen zu. Dafür habe ich immer etwas zum Schreiben auf dem Nachttisch liegen, wenn ich nachts nicht schlafen kann.

Das Klavierspielen fehlt mir ein wenig. Ich habe mir schon Gedanken über eine Art mobiles Gerüst gemacht. Aber da hat meine Zimmerlinde vehement Einspruch eingelegt. Man muss kein Statiker sein, um festzustellen, dass die Deckenkonstruktion einer Mietwohnung das nicht besonders prickelnd fände.

Interessant ist, wie sich der Körper verändert. Die beiden Schaschlikstäbchen an meinen Schultern lassen sich nur mit viel Phantasie noch als Arme bezeichnen. Das wird mich irgendwann mal etliche Kilometer Handbike kosten, bis die dem Namen wieder gerecht werden.

Meine Essensportionen haben sich auch verkleinert. Gut, allzu viele Kalorien verbrenne ich derzeit nicht. Und Klamotten spare ich! Ab und zu staube ich meine Schuhe ab, das war’s.

Auch meine Schreibe hat sich verändert. In meinem aktuellen Abenteuerroman hänge ich seit Monaten zwischen Kapitel drei und vier fest, wie in einem kaputten Aufzug. Dafür sprudeln philosophische Texte geradezu aus meinen Fingern in die Bildschirmtastatur meines betagten Tablets.

Bis es im Sommer richtig warm wird hoffe ich, wieder länger aufstehen zu können. Mal ein paar Tage im Bett zu verbringen ist jetzt nicht so schlimm. Aber so langsam würde ich gerne mal wieder am Leben draußen teilnehmen.

Na ja, die Übersetzung des lateinischen Wortes Patient heißt nicht umsonst der Geduldige.

Irgendwann werde ich wieder mit meinem Rollstuhl die Gegend unsicher machen und vermutlich froh sein, wenn ich abends ins Bett darf.

Selbstmitleid kann vielleicht für den Moment ganz erholsam sein, aber es lenkt nur davon ab, aus wirklich jeder Situation etwas für sich Positives herauszuholen. Genau das ist es nämlich, was uns Menschen trotz fehlender Panzer, Klauen und ohne nennenswertes Fluchtverhalten seit Jahrtausenden überleben lässt.

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Was ist eigentlich ein Christ?

Jetzt zur Osterzeit ist wieder das Christentum in aller Munde. Doch was macht eigentlich einen Christen aus?
Ich selbst versuche, mein Leben nach christlichen Grundsätzen zu gestalten.
Doch was sind christliche Grundsätze? In die Sprache unserer Zeit übertragen, sind zumindest meine schnell formuliert.

  • Vertragt euch untereinander
  • Helft den Schwächeren
  • Bleibt bei der Wahrheit
  • Seht niemanden als besser oder geringer an
  • Respektiert die Meinung, die Unversehrtheit und das Eigentum der anderen – ungeachtet von Geschlecht, Hautfarbe, Sprache, Lebensmodell oder Glaube

Oder noch kürzer: Geht euch nicht auf den Sack!

Für mich ist der Atheist, der an einer Unfallstelle hält, um zu helfen, viel mehr Christ, als der Bischof, der sich für etliche Millionen eine schicke Residenz einrichtet.

Die zehn Gebote, die der Legende nach Moses auf dem Berg Sinai erhielt, sind kurz und knapp formuliert und nicht interpretierbar.

Du sollst nicht töten. Du sollst kein falsches Zeugnis ablegen wider deinen Nächsten. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Hab und Gut. Wer sich nicht ganz sicher ist, Tante Google kennt sie alle.

Daran ist nichts herumzudeuteln, das muss auch nicht diskutiert werden. Das ist klar und eindeutig. Diese Altmännerorganisation, bei der ein Mensch sogar mit der Interpretation dieser zehn Punkte promovieren oder habilitieren kann – hat die wirklich verstanden, worum es hier geht?

Nach demselben Prinzip wurde übrigens auch das deutsche Grundgesetz geschaffen.
Die Würde des Menschen ist unantastbar – nicht die Würde des weißhäutigen Menschen, die Würde des Mannes oder die Würde des deutsch sprechenden Menschen. Die Würde des Menschen  – aus und fertig. Da gibt es nichts zu interpretieren. Vielleicht sind deswegen solche Werke, wie das Bürgerliche Gesetzbuch, komplett disponibles Recht. Über 2300 Paragraphen, die sich einzeln durch Verträge aushebeln lassen. Und was steht drin? Du sollst deinen Nächsten nicht über den Tisch ziehen – nur ein klein wenig ausführlicher formuliert.

Ich habe die Illustration gewählt, wie ein Mensch, der als Gottes Sohn bezeichnet wird, einem anderen die Füße wäscht. In diesem Fall ist es Petrus, dem diese Dienstleistung zugute kommt. Gottes Sohn? Genau dieser sagte, wir alle sind Kinder Gottes, Töchter und Söhne.

Oder wie es Rabbi Jeschuah Ben Marryam sagte: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“. Ob es den Menschen Jesus von Nazareth wirklich gab?

Wen interessiert’s?
Wichtig ist die Botschaft: „Vertragt euch und helft den Schwächeren.“

Ob wir nun Jahwe sagen, Jehova, Allah, Manitu, Hiawatha, Gaia, Universum, Schicksal oder einfach nur Gott – ist es nicht bemerkenswert, dass sich eine zentrale Kraft unabhängig von der Entstehung durch fast alle Glaubensgemeinschaften zieht?

Hab ich noch nicht gesehen, das ist nicht bewiesen, wer soll das sein? Das haben wir schon alle gehört. Wozu Beweise? Schließlich heißt es doch Glaube. Und wer daran glaubt, dass dort etwas sein könnte, benötigt keinen Beweis. Im Gegenteil – ist der Beweis erbracht, dann ist der Glaube obsolet.

Also, ich kann mir durchaus vorstellen, dass es dort draußen mehr gibt, als sich unsere Schulweisheit träumen lässt.

Bin ich deswegen ein Christ? Ein Glaubender? Ein Suchender?

Ich versuche, mich mit meinen Mitmenschen zu vertragen.
Ich versuche, Schwächeren nach meinen Möglichkeiten zu helfen.
Ich versuche, meine Nachbarn genauso zu respektieren, wie sie sind.
Ich versuche, meinen Mitmenschen so wenig, wie möglich auf den Sack zu gehen.

Ist es das, was einen Christen ausmacht?

Ich glaube, schon.

 

 

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Gedanken zum Welttag der Menschenrechte

Heute ist der Welttag der Menschenrechte. Im Jahr 1948 verabschiedeten die Vereinten Nationen die Erklärung der Menschenrechte. Gewisse Grundrechte stehen allen Menschen zu, alleine durch die Tatsache, dass sie Menschen sind. Das mag vielleicht für irgendwelche Bananenrepubliken gelten, bei denen Kinder Sklavenarbeit leisten müssen oder Behinderte schamvoll versteckt werden. In unserem offenen und aufgeklärten Land sind doch bestimmt die Menschenrechte kein Thema mehr.

Ich bin da gar nicht so sicher. Während buddhistische Tempel gerade noch so als Kuriosität betrachtet werden, lösen geplante muslimische Gebetshäuser fast schon bürgerkriegsähnliche Zustände aus.

Homosexuelle Lebensgemeinschaften werden auch heute noch massiv diskriminiert.

In vielen Firmen werden Frauen und Männer für dieselbe Arbeit unterschiedlich bezahlt.

Die freie Wahl des Aufenthaltsortes gilt für Menschen mit Pflegebedarf bald nur noch so lange, wie es dem Kostenträger gefällt. Ist eine Heimunterbringung billiger, droht Zwangseinweisung ins Heim. Schauen wir mal, ob nach Passieren des Bundesrats dieser Passus noch im neuen Teilhabegesetz steht.
Die Zustände in manchen Pflegeheimen haben mit der Charta der Menschenrechte ohnehin kaum etwas zu tun. Einlagerungsbetriebe würde fast besser passen.

Flüchtlingsunterkünfte brennen ab, nur weil die Menschen dort eine andere Hautfarbe, Sprache oder Religion haben.

Die Menschenrechte gelten für alle Menschen, ungeachtet von Hautfarbe, Sprache, Religion, sexueller Orientierung oder Behinderung.
Der Begriff: „Alle Menschen“ ist auch nicht interpretierbar. Alle bedeutet schlicht und ergreifend alle – ohne Ausnahme.
Für alle Menschen auf der ganzen Welt, also auch hier.

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Der Tag der Einheit – für mich ganz besonders

Immer am Tag der Deutschen Einheit muss ich an meine frühe Kindheit denken. Warum? Ich wurde am Tag der Einheit geboren. Der lag über 30 Jahre lang im Frühsommer, was heute nicht mehr viele wissen.

Als kleiner Stöpsel fand ich es ganz toll, dass alle Leute frei hatten, nur weil ich Geburtstag habe. Mein Vater musste unglaublich einflussreich sein. Und immer pünktlich zu meinem Geburtstag wuchsen Erdbeeren in unserem Garten. Heute noch ist ein Geburtstag ohne Erdbeerkuchen für mich nicht komplett.

Dann saß ich, inzwischen verheiratet, mit meiner kleinen Familie vor dem Fernseher und sah zu, wie diese hässliche Mauer plötzlich durchlässig wurde. Dieses Gefühl, als die ersten Trabbis und Wartburgs unter frenetischem Jubel der Menschen durch die Lücke fuhren. Alleine der Gedanke daran, Geschichte direkt miterlebt zu haben, löst heute noch eine Gänsehaut bei mir aus.

Das das nicht einfach werden würde, die nach 40 Jahren unterschiedlich gewordenen Mentalitäten zusammen zu bringen, manchen war es bewusst, dem meisten aber gleichgültig. Das Gefühl, endlich wieder ein Volk zu sein, das war uns allen wichtig. Endlich konnten wir uns als Deutsche bezeichnen, ohne diesen bitteren Nachgeschmack im Mund zu spüren.

Wenn ich heute lese, dass dieser Tag uns viel gekostet hätte, oder schlimmer noch, dass wir uns unerwünschte Elemente ins Land geholt hätten, dann packt mich die Wut. Erstens gibt es Dinge, die lassen sich nicht kalkulieren und in Zahlen fassen. Alles hat seinen Preis, es kommt nur darauf an, als wie hoch wir den empfinden. Unerwünschte Elemente hätten wir uns geholt? Nein, die waren schon da, die haben sich nur nicht getraut, den Mund aufzumachen.

Was wäre denn die Alternative gewesen? Zwei Deutschlands, die dann im Zuge der EU zusammenwachsen, daran haben einige gedacht. „Wenn die D-Mark nicht in den Osten kommt, dann kommt der Osten zur D-Mark!“ Der Spruch war allenthalben zu hören. Statt die Familie wieder zusammen zu bringen, hätten wir plötzlich 16 Millionen Flüchtlinge hier gehabt. Nein, das wieder vereinte Deutschland war dann schon die deutlich bessere Idee.

Ich feiere meinen Geburtstag dann eben etwas bescheidener, ein Preis, den ich sehr gerne bezahle – für eine demokratische und friedliche Revolution.

Für Einigkeit, Recht und Freiheit – und für das Gefühl, ein Teil gelebter Geschichte gewesen zu sein.

 

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(a)soziale Netzwerke?

So langsam hab ich die Faxen wirklich dick! Was in den so genannten sozialen Netzwerken momentan vor sich geht, da passt das Wort asozial deutlich besser. Man gewinnt fast den Eindruck, als hätten so manche ihren Kopf nur, damit es ihnen nicht in den Hals regnet.

Wahlweise wird gegen anders Denkende, Aussehende oder Glaubende polemisiert oder querbeet Hass ausgeschüttet, abwechselnd mit Angriffen auf Regierungsmitglieder unseres oder anderer Länder.
Vor weniger als hundert Jahren sind genau hier in diesem Land noch Menschen dafür gestorben, dass jetzt jeder sein Leben nach eigenem Gusto leben kann, solange er anderen damit nicht auf den Geist geht.
Jeder soll seine Meinung ungestraft äußern dürfen. Alleine für diese Forderung wurden beispielsweise die Geschwister Scholl mit dem Tod bestraft.

Heute darf in diesem Land jeder genau diese Meinung frei äußern, solange das in einem gewissen Rahmen bleibt. Aber zwischen einer Meinungsäußerung, einer Hassbotschaft oder einer Beleidigung gibt es immer noch einen Unterschied. Und das ist such richtig so.

Leute, wenn ich von jemandem behaupte, er würde den Beischlaf mit Ziegen ausüben, dann ist das eine Aussage, die dazu dient, dessen Ansehen herabzuwürdigen. Und das ist eine Beleidigung, egal, ob das ein ausländisches Staatsoberhaupt, ein verurteilter Straftäter oder Lieschen Müller aus Kleintippelshausen ist.
Und wenn verlangt wird, unsere Kanzlerin am nächsten Baum aufzuhängen, dann ist das ein Aufruf zu einer Straftat.

Was momentan über unsere Bundesregierung ausgeschüttet wird, speziell unsere Kanzlerin, das spottet ohnehin jeder Beschreibung. Vielleicht erinnert ihr euch, diese Regierung wurde von uns allen mehrheitlich demokratisch gewählt. Wer jetzt herumtönt, er habe nicht gewählt, der darf ganz schnell die Klappe wieder zumachen. Nicht mitspielen und hinterher rumnölen? Geht gar nicht.
Ich kann auch nicht alles gut heißen, was da in Berlin so verkündet wird. Aber da gibt es genügend legale Mittel, um sich dagegen zu äußern oder zu stellen.
Das beginnt bei Leserbriefen, geht über Verfassungsbeschwerden, bis hin zu Misstrauensvoten. Was wäre denn, bei der nächsten Wahl einfach mal mit zu wählen?
Auch eine legale Möglichkeit, etwas zu bewegen.

Wer in Deutschland lebende Menschen auffordert, sich wegzuscheren, nur weil sie dieselben Rechte aller hier lebenden Menschen in Anspruch nehmen, der tritt das Andenken derer in den Schmutz, die für diese Rechte ihre Freiheit oder ihr Leben geopfert haben.

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Die heimliche Diskriminierung

Quelle: Pixabay

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Als Kind habe ich gelernt, dass man(n) dem schwächeren Geschlecht gegenüber höflich gegenübertritt, die Tür aufhält, einfach generell den Beschützer gibt. Liest oder sieht man in den Medien Berichte über häusliche Gewalt, werden Männer als die prügelnden Rüpel dargestellt, während Frauen generell die misshandelten Opfer sind. Wie oft lesen wir von Gewalt gegen Frauen? Googelt man nach dem Thema häusliche Gewalt, dann sind fast alle Beiträge von diesem Bild geprägt. Eine Zeit lang habe ich gewitzelt: „Was ist denn mit den gequälten Männern?“
„Ach, die paar Weicheier fallen dich nicht ins Gewicht“, so die allgemeine Auffassung.

Bis ich durch Zufall auf eine Statistik der Kölner Polizei stieß, nach der jedes fünfte Opfer häuslicher Gewalt ein Mann ist. Sollte ich mit meiner Witzelei auf etwas gestoßen sein?

Also versuchte ich, herauszufinden, wie viele Frauenhäuser und wie viele Männerhäuser es in Deutschland gibt. Das Ergebnis war bemerkenswert: Über 400 Frauenhäusern bundesweit stehen 2 (zwei) Männerhäuser gegenüber. Kein Bedarf?

2005 veröffentlichte das Bundesfamilienministerium: „… Von körperlicher Gewalt in heterosexuellen Paarbeziehungen scheinen Männer zunächst – rein quantitativ – in annähernd gleichem Ausmaß wie Frauen betroffen zu sein …“
(http://www.bmfsfj.de/Publikationen/genderreport/10-gewalthandlungen-und-gewaltbetroffenheit-von-frauen-und-maennern.html)

Dabei gleichen Frauen die geringere körperliche Stärke durch den Einsatz von Gewaltmitteln aus, fand der US-amerikanische Forscher Murray Straus, „die gefährlich sind oder auf Distanz einsetzbar sind.“

Dann stieß ich auf eine Statistik der Berliner Polizei, nach der die Geschlechteraufteilung bei Gewalt im privaten Umfeld ziemlich ausgeglichen ist.

Eine Gruppe von Studenten ließ ein Paar Stuntleute an öffentlichen Plätzen miteinander streiten. Mal war der Mann der Aggressor, mal hatte die Frau die Oberhand. Die Reaktion der Passanten war signifikant. Während der Mann sofort angegangen wurde, sobald er die Hand hob, erntete die Frau sogar Applaus für die Schläge, die sie verabreichte.

Mein Fazit: Gewalt im privaten Bereich lehne ich persönlich generell ab, Gewalt gegen Schwächere ganz besonders. Eins ist sicher: Frauen haben in dieser Hinsicht eine definitiv bessere Öffentlichkeitsarbeit.

Meine Frau und ich haben übrigens in über 30 Jahren bisher kein einziges Mal die Hand gegenüber dem anderen gehoben. Für uns gilt eine Regel: „Gehe nie im Streit zu Bett“. So manche Nacht haben wir durchdiskutiert und uns immer geeinigt. Vielleicht, weil wir dabei nach einer Lösung suchten und nie darauf bestanden, Recht behalten zu müssen.

Und wir sind ganz normale Leute, nichts Besonderes.

 

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Wo sind nur all die Griesgrame hin?

Bei aller beruflichen und ehrenamtlichen Aktivität, ab und zu müssen sich Körper und Geist auch mal in eine andere Richtung bewegen. Manche nutzen das Wetter zum Angrillen. Ich habe mein Handbike aus dem Winterschlaf geholt, abgestaubt und vor den Rollstuhl gespannt. Eine kleine Tour, so zwischen Frühstückskaffee und Mittagessen wäre jetzt genau das Richtige. Es muss nichts Großes sein, Nur ’ne ganz kleine Tour. schließlich sollen die übrig gebliebenen Muskeln sich erst einmal wieder dran gewöhnen, in Aktion zu treten.

Ich glaube, es ist gar nicht schlecht, einmal nicht an Internet-Zeugs, Computerkram und Teilhabegedöns zu denken. Einfach mal raus, die Seele durchlüften und schauen, wie die Leute da draußen so drauf sind.

Es ist noch ein wenig diesig. Bei der Sonneneinstrahlung ist der Lichtschutzfaktor auch noch uninteressant. Hallo, auf dem Radweg, der an unserem Haus vorbei führt, ist ein Betrieb, als würde das Radfahren morgen verboten werden. Normalerweise schieben sich die Menschen mit verkniffenen Gesichtern aneinander vorbei. Kaum hört man ein gemurmeltes Hallo oder sieht ein angedeutetes Kopfnicken.

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Doch heute sind die Leute wie ausgewechselt. Jeder hat ein breites Grinsen im Gesicht, so als hätten alle ganz unvermutet ein tolles Geschenk erhalten. Schon von weitem winkt man sich gegenseitig zu. „Guten Morgen, ist das nicht ein herrlicher Tag?“

Dann  wird mir klar, wir haben ein tolles Geschenk erhalten. Der Winter hat sich klammheimlich verabschiedet. Selbst die allgegenwärtigen Vögel geben sich besondere Mühe, überall grünt uns sprießt es. Das tut es schon seit einiger Zeit, aber durch dieses Grau in Grau ist es kaum jemand aufgefallen.

Wo sind de Griesgrame hin, die sich gestern noch ein gemurmeltes „Tach“ zwischen den zusammengepressten Zähnen heraus quälten? Nicht dass ich sie vermissen würde, aber ein klein wenig neugierig in ich schon. Das einzige, was mich störte, waren die immer noch hängenden blauen Wahlplakate mit diesem roten Phallussymbol. Könnte denen mal jemand sagen, dass die Wahlen schon waren? Vielleicht gehören die aber auch zu den verschwundenen Griesgramen. Wer weiß das schon?
Aber selbst die können mich heute nicht stören.

Es ist schon interessant. So zivilisiert und angepasst wir auch alle sind – kaum bekommen wir ein wenig mehr Licht und Wärme, schon sind alle viel freundlicher zueinander. Ist es das Erbe der Höhlenmenschen, einfach unsere Natur, oder liegt es in unseren Genen? Ehrlich gesagt ist es mir heute so ziemlich egal, ich genieße einfach den Tag.

Mal sehen, wenn das Wetter sich hält, vielleicht holen wir doch noch den Grill raus …

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Sich schämen, ein Deutscher zu sein? Warum?

Wenn ich sehe, wie wütende Menschen Bussen mit Flüchtlingen die Zufahrt zu ihrer Unterkunft verwehren und dabei „Wir sind das Volk“ skandieren, dann kommt mir, ehrlich gesagt, die Galle hoch.
Was glauben diese bildungsresistenten Vollpfosten eigentlich, wo sie hier sind?
Schon einmal hielt sich eine Clique von vermeintlichen Herrenmenschen für den Gipfel der Welt – mit dem Ergebnis, dass uns die Welt mit Fug und Recht den Frack vollgehauen und uns in Grund und Boden gebombt hat. Nicht zu vergessen, die Millionen von Menschenleben aller Nationen, die diese Herrenmenschen verursacht haben.

Ein Deutschland, das wirtschaftlich und infrastrukturell in Scherben lag, wurde in langer Arbeit wieder ein zu einem Land, in dem man gerne lebt. Dabei geholfen haben unseren Eltern damals rund 14 Millionen Menschen, die entweder als Deutschstämmige vertrieben wurden oder selbst flüchten mussten. Flüchtlinge nannte man die damals pauschal, egal aus welchem Grund sie ihre Heimat verlassen haben. Manche sagen, man könne das nicht vergleichen, das wären ja eigentlich alles Deutsche gewesen. Die Familien kamen vielleicht ursprünglich aus dem deutschsprachigen Raum, aber nicht wenige mussten erst einmal unsere Sprache lernen. Kommt das irgenwem vielleicht bekannt vor?
Natürlich sind die Unterschiede heute größer.
Natürlich sind das viel exotischere Kulturkreise, Religionen, ja Lebensauffassungen.
Und selbstverständlich sind auch bei diesen Menschen eine gewisse Anzahl Krimineller dabei.
Das ist aber kein Grund, unsere Traditionen abzuschaffen oder umzubenennen. In unserem Land herrscht Meinungs- und Religionsfreiheit, auch für uns. Wir müssen keine Muslime werden, aber es schadet auch nicht, den Neuen ihre Traditionen zu lassen. Wenigstens das sollten wir doch aus unserer eigenen Vergangenheit gelernt haben.

Dass bei uns Frauen und Männer gleichberechtigt sind, können wir den Zuwanderern vermutlich besser erklären, als denen, die der Meinung sind, sie wären das Volk.

Wobei die Gleichberechtigung auch bei uns immer noch nicht überall so ganz rund läuft.
Aber daran arbeiten wir noch.

Á propos ‚daran arbeiten‘, auch heute gibt es in unserem Land so einiges, das mir nicht vorbehaltlos gefällt. Aber ich habe mehrere Möglichkeiten, damit klar zu kommen: Ich könnte bei der nächsten Wahl mein Kreuz bei denen machen, von denen ich der Meinung bin, dass sie meine Interessen am besten vertreten. Was ich im übrigen erst getan habe – per Briefwahl. Dann kann ich mich am Wahltag nicht mit schlechtem Wetter, Dünnpfiff oder akuter Couchsucht herausreden. Diesmal fiel es mir ziemlich leicht, da ich mit einigen der Bewerbern persönlich gesprochen habe. Gesprochen, nicht irgendwelche Plattitüden ausgetauscht. Der eine oder die andere konnten mir meine Fragen nicht einfach so beantworten. Manche gaben zu, etwas nicht zu wissen und sich selbst erst informieren zu müssen. Andere versorgten mich mit einer Menge auswendig gelernter Phrasen.
Einer hat mir meine Fragen so beantwortet, dass ich die Antworten auch verstanden habe. Zwei haben mir zugehört und direkt für Lösungen gesorgt. Reden konnten alle.

Ich kann auch versuchen, mich aktiv dort zu engagieren, wo ich der Meinung bin, etwas bewegen zu können. Auch ich bin auf die Straße gegangen, um zu demonstrieren – für eine zweite Rheinbrücke zum Beispiel. OK, gegangen ist vielleicht die falsche Wortwahl. Jedenfalls fuhr ich mit meinem Rollstuhl deutlich schneller über die Brücke, als sonst im Berufsverkehr mit dem Auto, was aber jetzt keine Rückschlüsse auf die Qualität meines Autos bedeuten soll.
Inzwischen engagiere ich mich ehrenamtlich in Behindertenorganisationen und in Ausschüssen meiner Gemeinde.

Bei einigen Dingen muss ich einfach die Achseln zucken und sagen: Das ist eben so.
An den Steuern kann ich genauso wenig ändern, wie an der Straßenverkehrsordnung.
Und die Abseitsregel habe ich bis heute nicht begriffen. 

Aber zurück um Thema: Einige meiner Freunde sagen allen Ernstes, sie würden sich schämen, Deutsche zu sein.
Warum eigentlich?
Nur, weil so ein paar Dumpfbacken herumtönen, sie wären das Volk?

Ich will euch „Volk“ mal etwas sagen:
Wir Deutschen galten lange als das Volk der Dichter und Denker.
Dann sah die Welt in uns ein Volk der Rassisten und Unterdrücker.
Wir haben jahrelang daran gearbeitet, das Bild der Deutschen im Ausland wieder gerade zu rücken. Momentan noch werden unsere Ingeniere, unsere Lehrer und Ärzte in der Welt gerne gesehen. Unsere freiwilligen Helfer sind in verschiedenen Organisationen rund um die Welt unterwegs, um die Folgen von Katastrophen zu beheben, Hunger und Krankheiten zu lindern. Selbst unsere Soldaten und Polizisten sind in Ländern im Einsatz, die gerade lernen, dass Menschen in Uniform in erster Linie Menschen und erst dann Uniformträger sind.
Wir? Ja, genau wir. Ich selbst habe über Jahre hinweg mein Wissen in die Welt getragen, in Teams, die mit deutscher Ingenieurskunst dazu beitrugen, den Menschen in anderen Ländern das Leben ein wenig zu verbessern. Aus diesen Ländern habe ich vieles wieder mitgebracht: Ideen, Kochrezepte, Musik und wieder Wissen, Wissen, dass es in anderen Kulturen vieles gibt, dass auch mein Leben bereichert.
Die Basis der meisten Kulturen, die ich kennen gelernt habe, ist übrigens die Gastfreundschaft, eine Tradition, die auch in unserem Land langen Bestand hat.

Deswegen schäme ich mich nicht, ein Deutscher zu sein. Im Gegenteil werde ich alles dazu tun, dass auch diese Scheuklappenträger auch in Zukunft ihre Meinung äußern können – friedlich und ohne Hass.

Denn wer Hilfesuchenden seinen Hass entgegenbrüllt, mag möglicherweise auch eine Art von Volk sein, aber mit Sicherheit kein Deutscher.

Ihr solltet euch schämen, nicht wir!

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Eine Lanze brechen

Heute tue ich etwas Unvernünftiges. Möglicherweise werde ich Unverständnis und Häme ernten, aber ich muss an dieser Stelle einfach mal eine Lanze für unsere Kanzlerin brechen. Ich habe mir auch meine Gedanken gemacht, wie denn das Ganze mit den vielen Flüchtlingen weiter gehen soll. Die Menschen strömen aus vielen Gründen hierher. Viele fliehen vor einem Krieg, der ihr Land verwüstet und ihnen die Lebensgrundlage nimmt. Andere werden dort, wo sie leben verfolgt, weil sie nicht der allgemein herrschenden Meinung sind, oder weil ihr Glaube, ihre Hautfarbe oder ihre sexuelle Ausrichtung ihr soziales Umfeld gegen sie aufbringt. So abwegig ist das nicht. Auch ist die allgemeine Auffassung, alles sei brutaler geworden, nicht ganz richtig. Ich kann mich daran erinnern, wie in meiner Jugend ein paar meiner Freunde regelmäßig loszogen, um „Schwule zu klatschen“. In einem Park in der Innenstadt trafen sich Homosexuelle, obwohl sie regelmäßig verprügelt wurden. So geschehen noch in den Siebzigern in einer bundesdeutschen Großstadt. Alleine die Tatsache, dass ich es ablehnte, andern gegenüber grundlos gewalttätig zu sein, sorge dafür, dass die anderen mich als Schwachmaten oder Würstchen bezeichneten, aber solange sie sich bei mir Zigaretten schnorren konnten, war ich zumindest geduldet.
Viele Eltern meiner Schulkameraden waren vor den Wirren des 2. Weltkriegs hierher geflüchtet. Andere, so wie meine Familie wurden von den neuen Regierungen enteignet und konnten sich im Idealfall noch entscheiden, ob sie bei den neuen Eigentümern als Angestellte arbeiten oder doch lieber woanders neu anfangen wollten.

Aber manche fliehen auch vor der Armut in ihrem Land, andere vor dem Gesetz. Hier ist es schwer, zu differenzieren. Der Verbrecher, der aus dem Iran, Syrien oder Afghanistan hier ankommt, kann ein Mörder oder Vergewaltiger sein, aber auch ein Redakteur, der regierungskritische Artikel schreibt. Statistisch gesehen sind es alles Kriminelle.

Einige kommen, weil sie glauben, dass es ihnen hier besser geht, ohne zuhause Gefahr für Leib oder Leben befürchten zu müssen. Die könnten sich die Schlepper sparen und dafür in ihrem Herkunftsland eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis beantragen. Wäre vermutlich einfacher, aber die Schlepper haben einfach ein besseres Marketing, als die deutschen Behörden.

Deutschland scheint gespalten – es gibt nur noch Nazis und Gutmenschen, so kommt es einem vor, verweilt man allzu lange in den sozialen Netzwerken.

Ich habe mich lange nicht festgelegt. Prinzipiell war ich der Meinung, erst einmal zu helfen, dann auszusortieren. Ich habe überlegt, ob Obergrenzen sinnvoll sind, wie wir zwischen Kriegs-, Wirtschafts-, Armuts-, oder politischen Flüchtlingen unterscheiden können. Die Grenzen komplett dicht zu machen, das war von Anfang an keine Option für mich.

Artikel über Menschen, die sich hier melden und pampig allen Komfort fordern, gehen genauso durch die Medien, wie Meldungen, wie verächtlich südländisch aussehende Männer hier Frauen behandeln.

Statistiken, wie hoch der Anteil an Straftätern der Angekommenen ist, hat jede

Dann las ich den Bericht eines freiwilligen Helfers, eines Arztes, der in einer Erstaufnahmestation Dienst tat und noch tut. Er erzählt darüber, in welchem seelischen und körperlichen Zustand viele Menschen dort ankommen. Eine Schwangere, deren beide Kinder bei der Überfahrt über das Mittelmeer ertrunken sind, hat Angst, weil das Ungeborene in ihrem Bauch sich seit zwei Tagen nicht mehr bewegt. Andere haben sich buchstäblich die Haut von den Füßen gelaufen, nur um hier in Sicherheit zu sein. Ob diese Station die Ausnahme oder die Regel ist, kann ich nicht beurteilen.
Ein Satz des Autors lies mich stutzen. Trotz der kaum zu bewältigenden Strapaze schreibt der Autor, dass das Motto: „Wir schaffen das“ von Angela Merkel die einzig richtige Art ist, mit dieser Situation umzugehen. Eine Frau, die ihre politische Karriere riskiert, entgegen aller Ratschläge die Menschlichkeit und die Hilfsbereitschaft vor das politische Kalkül zu stellen, sollte statt Gegenwind eigentlich alle Unterstützung bekommen.

Natürlich sind bei dieser Menge Menschen auch Trittbrettfahrer dabei – Leute, die aus ganz anderen Gründen ihre gewohnte Umgebung, ihre Freunde, ihre Heimat verlassen. Die kämen sonst über ein anderes Schengen-Loch. So haben sie es nur etwas einfacher.

Diejenigen, vor denen uns die Ewiggestrigen versuchen Angst zu machen, glaubt irgendwer hier ernsthaft, dass diese Terrorristen sich auf diese Ochsentour machen?
Glaubt irgendjemand wirklich daran, dass jemand, der hier etwas Übles vorhat, sich erst einmal fotografieren, die Fingerabdrücke abnehmen und in einer Turnhalle einlagern lässt, bis die Abdrücke durch alle Datenbanken gegengecheckt sind?

Ich finde, Angela Merkel handelt richtig, wenn sie die Menschlichkeit vor ihr eigenes politisches Überleben stellt. Und sollte es wirklich eng werden, ich hätte da noch einen Topf für sie: Frau Nahles gibt jede Jahr 500 Millionen Euro dafür aus, damit sie 12 Millionen Euro für Assistenz und Teilhabe für Schwerbehinderte einsparen kann. Wenn wir Frau Merkel davon die Hälfte für ihre Flüchtlinge geben, blieben immer noch 250 Millionen dafür übrig, dass behinderte Menschen, die mit Assistenz Steuerzahler sein könnten, nicht mehr in die Grundsicherung müssen. Nein, das stimmt nicht – ich muss noch die 12 Millionen abziehen, die dann sowieso fällig wären. Aber die wären es Wert, alleine, um Seehofers verblüfftes Gesicht zu sehen, oder?

Wie sagen die Wirtschaftler? Eine Win-Win-Situation.

So, mein Spam-Filter freut sich jetzt schon auf den Shit-Storm …

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Die „Schande von Köln“ – ein interkulturelles Phänomen oder eine neue Dimension der Gewalt?

Die Ereignisse der Silvesternacht lassen in Deutschland die Wellen hochschlagen. Gleichzeitig vertieft sich ein Riss, der durch die Bevölkerung geht und der mich nachdenklich macht. Zunächst einmal sind sich alle einig darüber, dass es nicht sein kann, dass Frauen in diesem Land auf diese Art behandelt werden. Aber geht es hier nur darum? Für diejenigen, die die Zuwanderung eher skeptisch beachten ist es Wasser auf die Mühlen. Man hat es ja schon immer gesagt, das käme davon.
Die Befürworter einer fremdenfreundlicheren Gangart sind sicher, dass das keine Asylbewerber gewesen sein können.

All das können zum jetzigen Zeitpunkt nur Mutmaßungen sein. Eins ist sicher: An bestimmten Plätzen haben Männer Frauen auf demütigende Art und Weise belästigt und begrabscht. Diese Angriffe treffen uns alle. Schließlich leben wir in einer Welt, in der alle Menschen über ihre Kleidung, ihr Aussehen, ihre Sexualität selbst bestimmen. Natürlich gibt es auch bei uns noch Verbesserungsbedarf. Aber die Selbstbestimmung und Würde des Individuums sind in unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung fest verankert.

So ziemlich alle, die etwas zu sagen haben, oder es glauben, laufen zu Höchstform auf, um entweder für oder gegen die Asylpolitik zu argumentieren. Seien es Blogger, Journalisten, Moderatoren, A- B- und C- Promis, alle haben etwas zu sagen. Und unsere Kanzlerin bekommt dabei auch gleich noch ihr Fett weg. Ob zu Recht oder nicht, irgendwer muss ja verantwortlich sein – frei nach dem Motto: „Der Chef ist immer verantwortlich„. Was macht der Chef? Nein, der Chef schmeißt deswegen auch nicht die Flinte ins Korn, sondern analysiert, was schief gelaufen ist und sorgt dafür, dass so etwas nicht wieder passiert – Auch wenn es mal wieder Hasspostings hagelt. Oder, wenn es eine Chefin ist.

Aber wie kommt es, dass sich gezielt eine solche Menge von Männern zwischen Mitte 20 und Mitte 30 am Silvesterabend an ganz bestimmten Plätzen treffen, um auf Frauen Jagd zu machen?

Auch, wenn es gelegentlich den Eindruck macht, unsere Sicherheitsverantwortlichen sind auch nicht gerade „auf der Brennsuppen daher geschwommen„, wie man es in Bayern ausdrücken würde.

Deswegen hoffe ich, dass sich diejenigen, die die Erlaubnis haben, in diesem Land Gewalt auszuüben, ebenfalls diese Frage stellen.
Wem nutzt es also, die sowieso schon sehr emotional geführten Debatten noch mehr aufzustacheln?

Ich erlaube mir mal ein Gedankenspiel:

Wer hat die Möglichkeiten oder eventuell sogar das Bedürfnis, gleichzeitig die Emotionen anzustacheln und zu zeigen, wozu man fähig ist, um es mal so auszudrücken?

Wenn ich daran denke, dass in jüngster Vergangenheit fundierten Hinweisen auf geplante Anschläge durch besonnene Gegenmaßnahmen begegnet wurde, dann macht das Satzfragment: „… es würde die Menschen beunruhigen …“ plötzlich Sinn.

Und wer die Möglichkeiten hat, Reisedokumente gut zu fälschen, für den ist die Ausstellung von provisorischen Papieren für Asylbewerber in größerer Menge kein Thema. Und ein paar hundert Leute unauffällig zu ein paar Zielen zu karren, ist bloß eine Frage der Logistik. Das kriegt jeder mittlere Sport- oder Musikverein gebacken.

Was eine gut organisierte Gruppe Fanatisten alles bewirken kann, hat uns vor nicht allzu langer Zeit schon mal jemand vorgemacht. Hier, in diesem unseren Land. Nicht die Asylanten sind das Problem, sondern die, vor denen viele von denen geflüchtet sind.
Die dummerweise ganz genau so aussehen.
Die skrupellos genug sind, die Freiheiten unserer Grundsätze für ihre Zwecke zu missbrauchen.
Die finanziell, personell und logistisch entsprechend gut aufgestellt sind.

Zum Glück gibt es welche, die sich in diese Köpfe hineindenken können, weil sie nämlich aus demselben Kulturkreis kommen. Und es scheint auch welche zu geben, die ihnen zuhören.

Also kein Grund, unsere Werte aufzugeben.
Unsere Frauen werden sich nach wie vor so anziehen, wie es ihnen gefällt.
Wir werden Weihnachten, Ostern und Pfingsten feiern und der St. Martins Umzug wird nicht Sonne, Mond und Sterne-Fest heißen.
Es könnte sogar sein, dass Veranstaltungen, wie der Christopher-Street-Day in Zukunft noch ein bisschen bunter und schriller werden.
Das Fastenbrechen am Ende des Ramadan ist auch ein Ereignis, das sich feiern lässt. Tradition und Vielfalt funktionieren nämlich ganz hervorragend zusammen.

Allerdings werden wir in Zukunft genauer hinsehen, wenn jemand unseren Frauen zu nahe tritt. Gucken darf jeder – so wie wir es als Kinder gelernt haben: Mit den Augen, nicht mit den Fingern.
Egal, welche Farbe die haben.

Denn nicht Asylanten begrabschen Frauen, sondern Arschlöcher begrabschen Frauen. Egal, wo die herkommen.

Und wenn wir dadurch die, die hier noch ein antiquiertes Frauenbild haben, dazu bringen das zu überdenken, dann habt ihr uns sogar noch einen Gefallen getan.

Aber das ist natürlich alles nur ein Gedankenspiel. Ich habe versucht, ein paar Ereignisse aus einem anderem Blickwinkel zu sehen.

Schließlich will ich ja niemanden beunruhigen.

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